Leben und Beruf der Marie Juchacz
Marie Gohlke kam am 15. März 1879 in Landsberg an der Warthe (damals Mark Brandenburg, heute Polen) als Tochter des Zimmerermeisters Theodor Gohlke und seiner Frau Henriette zur Welt. Ihr älterer Bruder Otto wurde bereits 1871 geboren, ihre Schwester Elisabeth erst 1888. Vor Marie waren andere Kinder früh gestorben. Sowohl der Vater als auch die Mutter haben die Kinder ohne Schläge erzogen.
An ihre Schulzeit erinnerte sich Marie später weniger gern als an ihr Elternhaus zurück. Sie besuchte acht Jahre lang eine Volksschule, die nur vier Klassen umfasste: Die beiden untersten Klassen mussten je ein Jahr besucht werden, die dritte zwei Jahre und die oberste Klasse vier Jahre. In der obersten Klasse lernten alle Kinder denselben Stoff, der alljährlich wiederholt wurde, was Marie schrecklich langweilte.
Nach dem Besuch der Volksschule in Landsberg an der Warthe arbeitete Juchacz, die evangelischen Glaubens war, ab 1893 zunächst als Dienstmädchen und kurzzeitig als Fabrikarbeiterin. Von 1896 bis 1898 war sie in der Krankenpflege tätig. Anschließend absolvierte sie eine Lehre zur Schneiderin. In diesem Beruf war sie bis 1913 tätig. Während des Ersten Weltkrieges von 1914 bis 1918 arbeitete sie zusammen mit Anna Maria Schulte, Elisabeth Röhl und Else Meerfeld in der Heimarbeitszentrale und war Mitglied der sog. Lebensmittelkommission.
Als es 1917 zur Spaltung der Sozialdemokraten und zur Gründung der USPD kam, erhielt Marie Juchacz, die bei den Mehrheitssozialdemokraten blieb, die Stelle als Frauensekretärin im Zentralen Parteivorstand, die Clara Zetkin verlor, und übernahm die Redaktionsleitung der Frauenzeitung Die Gleichheit. Marie Juchacz gründete am 13. Dezember 1919 die Arbeiterwohlfahrt (AWO) und war bis 1933 ihre erste Vorsitzende.
Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten emigrierte sie ins Saarland. Als die Bevölkerung des Saarlandes für den Anschluss an das Deutsche Reich votierte, floh sie ins Elsass und nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges über Paris nach Marseille. 1941 gelangte sie mit einem Notvisum in die USA.
1949 kehrte sie aus ihrem Exil nach Deutschland zurück und wurde Ehrenvorsitzende der AWO. Ihr zu Ehren wurden in mehreren Städten Straßen „Marie-Juchacz-Straße“ oder „Marie-Juchacz-Weg“ benannt. 2003 wurde sie mit einer 1-Euro-Briefmarke der Deutschen Post in der Serie Frauen der deutschen Geschichte geehrt. Im Reichstagsgebäude ist ein Saal, in dem der SPD-Fraktionsvorstand tagt, nach ihr benannt. Die Arbeiterwohlfahrt vergibt die Marie-Juchacz-Plakette.
Quelle:
Literatur von und über Marie Juchacz im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek (Datensatz zu Marie Juchacz • PICA-Datensatz • Apper-Personensuche)
Marie Juchacz in der Datenbank der Reichstagsabgeordneten
Biografie 1 auf Seiten der AWO